Rezension von Michael Wuttke (2001):
Lange habe ich nicht mehr so ein komplexes Abenteuer gesehen ... der Hintergrund ist meines Erachtens auch nur für einen Meister überschaubar, der sich eng mit dem Horasreich verbunden fühlt, denn die Helden geraten in eine Verschwörung ganz besonderer Art und die Gegner sind Angehörige zahlreicher Geheimgesellschaften, Logen und so weiter, so dass man tatsächlich schnell den Überblick verlieren kann. Die Queste nach einem Geheimnis aus der Zeit des Silem-Horas führt die Helden kreuz und quer durchs "Liebliche Feld", wobei Methumis, Neetha, Horasia und Kuslik nur einige Stationen auf dem Weg sind. Die Autoren haben sich große Mühe mit dem Abenteuer gegeben, zum einen erkennbar an der verschachtelten Handlung, den interessanten Schauplätzen und diversen Tipps für den Meister, die von der richtigen Musikauswahl bis hin zur zu verbreitenden Stimmung am Spieltisch geht. Vorbildlich!
Was bringt das Abenteuer noch? Interaktion mit NSCs, Überlandreisen, Stadtabenteuer, Dungeonfeeling, knifflige Rätsel ... Herz, was willst Du mehr? Ein Abschnitt über die teilnehmenden Geheimbünde und deren Motivation rundet das Heft ab, man hat also ein über 70 Seiten starkes Heft voller Ideen. Schade ist nur, dass das Abenteuer - wie bereits erwähnt - sehr komplex ist und, so hat es zumindest den Anschein, nicht für die "optionale Heldengruppe" geeignet ist. Das Abenteuer wurde für horasische Helden geschrieben und verbreitet wie kein anderes neben "Unter dem Adlerbanner" liebfeldisches Mantel & Degen-Flair. Außerhorasische Helden werden es kaum bestehen können, Elfen und Zwerge passen m.M. nach überhaupt nicht hinein und auch die Autoren machen in der Einführung die Einschränkung auf "... Glücksritter, Streuner, Diebe, Phex-Geweihte, Gaukler und Scharlatane" und "...sollten sich vor dem Abenteuer überlegen, wie sie die Helden einbinden, denn sonst könnte es geschehen, dass so ein Held irgendwann ganz rollengerecht aus der Shandlung aussteigt und vielleicht sogar den gefährten in den Rücken fällt. Damit könnte das Abenteuer dann völlig aus der Bahn geraten - mit schwer abzuschätzenden Folgen." ... nichts gegen das Horasiat und horasische Helden, auch die brauchen eine Spielwiese. Aber ein Abenteuer zu veröffentlichen, das in der Wahl der Heldengruppe solchen Beschränkungen unterliegt, ist kein guter Stil und hat mich auch schon bei "Unter dem Adlerbanner" gestört.
Eine weiterer Störfaktor ist jener, wie mit der aventurischen Mythologie umgegangen wird (einige haben's in den Vinsalter DSA-Foren vielleicht schon gelesen) - da kommt eine Meisterinformation (!!!) daher, die aussagt: "Um es an dieser Stelle für Sie, verehrter Meister, klarzustellen: Das Zwölfgötteredikt veschreibt die wahre Natur Alverans und der Zwölf." Wie? So einfach ist das? Zackbumm? Eine so wichtige Info, die eigentlich in KKO oder das Götterheft gehört hätte, versteckt in einem grauen Kasten in einem Abenteuer, das noch nicht mal für alle Meister interessant sein dürfte? Was ist denn jetzt los? Ziemlich daneben die Aktion, vor allem, weil diese Info - finde ich - für den Verlauf des Abenteuers eigentlich recht unwichtig ist, etwas mehr Mythos in der aventurischen Mythologie wäre hier besser gewesen als diese nüchterne Feststellung. Schade, hier wurde eine Chance vertan ...
Fazit: Von Stil, der Fülle der Informationen und der Geschichte - toll! Aber da es leider nur mit ausgewählten Helden zu spielen ist und von der Handlung eine erhebliche Dichte aufweist, kann ich es nur Meistern/Spielern empfehlen, die a) einen horasischen Helden bzw. eine horasische Gruppe haben und b) keine Rookies im Meistern mehr sind. Obwohl das Abenteuer vom Plot her recht geradlinig ist, bleibt den Helden viel Platz für Eigenaktionen, was den Meister immer wieder zum Improvisieren zwingt. Weder für Spieler noch für Meister ein einfaches Abenteuer ... aber liegt darin nicht auch ein gewisser Reiz? Und die Sache mit der Mythologie - kann ja jeder für "sein Aventurien" selber entscheiden, wie er's handhaben will. In unseren Gruppen wird der graue Kasten mit Sicherheit ignoriert ... jedem das seine ...