Rezension von Feyamius (2010):
Katakomben und Kavernen ist genau auf das Thema zugeschnitten und enthält alles, was ich mir von einer Gewölbe-Spielhilfe erwartet habe. Sowohl die diversen Arten und Stile von Dungeons und die verschiedenen Möglichkeiten, die dem Meister dadurch geboten werden, als auch eventuelle Gegenmaßnahmen der Helden werden beleuchtet und umfangreich aufgearbeitet.
Die Übersichtlichkeit des Bandes ist gesondert zu loben. Eventuelle Überschneidungen einzelner Kapitel und kleinere Wiederholungen von Abschnitten, die inhaltlich zumindest ähnlich an anderen Stellen bereits stehen, könnte man zwar als "Platzhascherei" interpretieren, jedoch dient es meist trotzdem der Übersicht. So findet sich weiter vorne (Seite 64) bei den Fallen und den Möglichkeiten, gegen sie vorzugehen, eine Liste mit hilfreichen Zaubersprüchen. Weiter hinten (Seite 132) findet sich eine ähnlich aufgebaute Liste mit Zaubern, diesmal allgemein auf den Nutzen für Gewölbedurchquerung von Helden ausgelegt. Einige Zauber tauchen hier verständlicherweise doppelt auf, dennoch wirkt dies sehr übersichtlich, weil so in jedem Kapitel das steht, was man dort braucht.
Fast alle Abschnitte haben auch entsprechende Beispiele angefügt. Diese sind mal mehr, mal weniger zahlreich. Die beispielhaften Abenteuerschauplätze unter Tage sind nämlich derer zehn, die Fallen derer siebzehn (!), von denen einige intern noch mal Varianten aufweisen. Dafür sind die Rätsel recht spärlich, was jedoch gut begründet wird, und die Artefakte für Höhlenforscher könnten auch zahlreicher sein, sind dennoch verschiedenster Couleur. À propos Fallen: Neben einer genauen Beschreibung der Fallen nebst klärender Skizzen gibt es die beliebten "grauen Kästen" mit konzentrierten Informationen über das Entdecken von Fallen, das Entschärfen von Fallen oder Bemerkungen dazu, wie das Entschärfen wegen Fehlfunktion nicht einmal mehr nötig sein könnte.
Ich habe den Eindruck, dass hier einfach an alles gedacht wurde. Inklusive dem, was offensichtlich scheint, sodass manch ein Satz oder Abschnitt fast schon lustig anmutet, weil man mit gesundem Menschenverstand selbst leicht darauf kommen könnte. Aber wie war das mit dem Ei des Kolumbus? So banal etwas auch scheinen mag – im Zweifel kommt man im entscheidenden Augenblick, nämlich am Spieltisch, nicht drauf. Wenn man es einmal auf dem Silbertablett vorgesetzt bekommen hat, statt es sich selbst aus den Fingern saugen zu müssen, ist es während des laufenden Spiels vielleicht präsenter. Ich kann hier also einfach eine Tendenz zur absoluten Vollständigkeit erkennen, die für einen Kenner eben wegen ihrer teilweisen, scheinbaren Trivialität auch mal erheiternd wirken kann.
Weiterhin erfreut die Spielhilfe mit viel Neuem. Hier konnte mangels Vorgängerpublikation zwar sowieso nicht viel aufgewärmt werden, aber auch in bereits von anderen Publikationen – vorrangig der Zoo-Botanica Aventurica (2004) – berührten Bereichen erweist sich Katakomben und Kavernen als innovativ: Sowohl neue Pflanzen als auch neue Kreaturen mit interessanten Eigenschaften werden eingeführt, einige Gerätschaften für das Erkunden von Gewölben erwähnt, ein paar passende Meisterfiguren addiert, sogar eine neue, zum Thema passende Liturgie wird vorgestellt (was man dem Band jedoch auch genauso gut als Schwachpunkt auslegen könnte ... ich selbst bin hier etwas zwiegespalten).
Herausragend finde ich übrigens, dass dieser Band fast durchgehend vermittelt, dass die Autoren diesmal ihre Hausaufgaben wirklich gemacht haben. Es wird bei den Möglichkeiten der Helden (egal, ob gegen Fallen oder generell unter Tage) sowohl auf profane, zum Beispiel mechanische, als auch auf magische und alchimistische Tricks eingegangen, die gut recherchiert wirken. Die potenziell hilfreichen Zauber sind auch dann beschrieben, wenn nur eine bestimmte Variante von Nutzen ist. Die gerne ignorierten alchimistischen Hilfsmittel aus Stäbe, Ringe, Dschinnenlampen (2003) oder die pflanzlichen Möglichkeiten aus der Zoo-Botanica wurden diesmal umfänglich beachtet. Bei den verschiedenen Arten von magischen Fallen sind jeweils Werte für durchschnittliche Ersteller solcher Apparaturen angegeben, die mir auch ganz plausibel vorkommen.
Sieht man von den fast schon obligatorischen Rechtschreibfehlern ab, wirkt der Band von Autorenseite handwerklich sehr überragend. Einige kleine Fehlerteufelchen will ich dennoch nicht verschweigen: Nicht alle Dopplungen dienen der Übersicht, so findet sich auf der kompletten Seite 55 ein grauer Kasten über magische Fallen, der zwar dort in der Nähe der ersten Aufzählung diverser Fallenarten (darunter eben auch magische) steht, meiner Meinung nach jedoch wesentlich besser auf Seite 74 oder 75 aufgehoben wäre, wo bei der konkreteren Betrachtung der einzelnen Fallentypen auch die magischen Fallen genau beleuchtet werden.
Es existiert weiterhin ein grauer Kasten mit berühmten Fallenbauern auf Seite 53. Weiter hinten (Seite 160) sind weitere Persönlichkeiten aufgeführt. Da die Fallenbauer dort jedoch etwas themenfremd wären (es geht nur um Leute, die wirklich in Dungeons unterwegs sind), ist es aufbautechnisch besser, sie vorne bei den Fallen zu platzieren. Ein entsprechender Querverweis bei den Personen, dass weiter vorne noch bekannte Fallenbauer zu finden sind, hätte aber sicher nicht geschadet. Doch das ist Kleinkram.
Ärgerlich ist aber auch, dass beinahe alle Abbildungen irgendwie blass und auch etwas grobkörnig wirken. Außerdem sind die Zierbalken oben und unten auf jeder Seite nicht über die gesamte Seite gestreckt, sondern enden links und rechts jeweils etwa anderthalb Zentimeter abrupt vor dem Rand. Dies sieht so nicht gewollt aus, sondern wie ein Fehler im Druck. Ob sich hier auch wieder die Wahl einer Billigdruckerei negativ auswirkt?
Insgesamt gefällt mir der Quellenband jedoch wirklich gut, sodass ich guten Gewissens neun Punkte vergeben kann. Mit der hier vorgeführten, erschöpfenden Darstellung des Themas müssen sich kommende Bände messen. So mancher, kurz vorher erschienener Quellenband kann hier lange nicht mithalten.