Rezension von Krassling (2005):
Der Krieg der Magier ein vollmundiger Titel, der manch einen Freund des Schwarzen Auges noch heute andächtig innehalten lässt. Aventurisch bezeichnet der Begriff die gewaltsamen Machtkämpfe zwischen Gildenmagiern jeglicher Couleur, die auf die Abdankung Rohals und sein Verschwinden folgte. Diese mit magischen Mitteln aller Art geführten Auseinandersetzungen sind noch heute sprichwörtlich. "Gingen in den Magierkriegen verloren ..." ist ein Ausdruck, der oft benutzt wird, um auf verlorenes magisches Wissen zu verweisen. Irdisch erregte der Band zunächst aus einem Grund besonderes Aufsehen: Die Stufenangabe 21+ hatte es weder vor noch nach diesem Abenteuer je gegeben.
Die Erwartungen waren groß, und vielleicht war gerade dies der Grund, warum Der Krieg der Magier ihnen gar nicht gerecht werden konnte. Die im Klappentext angekündigten "Biographien einiger der größten Helden des Zeitalters" haben wohl viele vergeblich gesucht. Auch der Überblick zur Gestaltung der Borbarad-Kampagne fällt deutlich dürftiger aus, als man es von einem Prolog vielleicht erwartet hatte. Der Anhang umfasst eine Seite und verrät dem Meister nicht wirklich viel über die Kampagne, ihre Bedeutung, oder wie er sie zu führen hätte. Geradezu amüsant erscheint gar die kleine Liste zum Inhalt der Kampagne. Dort kann man lesen, mit welchen Themen sich die Kampagne möglicherweise beschäftigen werde. Die Insel Maraskan wird dort beispielsweise nicht erwähnt, obwohl nur vier Abenteuer zwischen diesem Band und den Soloabenteuern Am Rande der Nacht und Die Ungeschlagenen (beide 1995) liegen, in dem Borbarads Ankunft auf Maraskan vorhergesagt wird. Dafür erfährt der Leser, dass das Güldenland möglicherweise Thema sein könnte, das meines Wissens ebenso wenig eine Rolle in der Kampagne spielt, wie das ebenfalls aufgeführte Drachenei von Kunchom. Dies kann für uns nur ein Indiz sein, wie wenig geplant die Kampagne zu diesem Zeitpunkt war. Gewisse Schwierigkeiten in der Abstimmung zwischen Redaktion und Autoren sollen ja selbst heute noch vorkommen.
Der Inhalt des Abenteuers bringt leider gleich die nächste Enttäuschung. Die eigentlichen Magierkriege, also die Auseinandersetzungen zwischen den Gilden, spielen keinerlei Rolle in diesem umfangreichen Band. Statt dessen erreichen die Helden nach einer Zeitreise die Schwarze Feste des Borbarad in der Gorischen Wüste. Dort verbleiben sie auch das ganze Abenteuer über, bis es zur finalen Konfrontation zwischen Borbarad und Rohal kommt. Doch bevor wir uns mit der eigentlichen Handlung beschäftigen, wollen wir noch einen Blick auf die Auswahl der Helden werfen.
Die Stufenangabe ist selbstverständlich nicht ganz so eng zu sehen, wie es die Zahl diktieren will. Nach dem Willen des Autors sollen die Teilnehmer jedoch die größten Helden des Zeitalters sein. Hier tun sich einige Probleme auf, die auch ausführlich diskutiert werden. Der Definition gemäß sollen die Spieler die mächtigste Gruppierung einzelner Sterblicher in diesem Zeitalter (ein Zeitraum von etwa 1.000 Jahren) ins Feld führen. Unter der Annahme, dass die Spieler ihre Helden schon viele Jahre lang spielen, kann dies für die Spieler-Helden durchaus plausibel sein. Auch dem Autor erscheint es "sehr stimmungsvoll", wenn die Spieler mit eben jenen Helden in den kommenden Jahren die ganze Borbarad-Kampagne erleben könnten. Leider verträgt sich dies nicht mit den Annahmen über die Protagonisten der Kampagne, die ja erst mit ihrer Aufgabe zu wahren Helden reifen sollen. Von den vorgestellten Möglichkeiten, sich aus diesem Dilemma zu befreien, ist vielleicht die Verwendung von berühmten Meisterpersonen noch die angenehmste. Spieler können also Helden wie den Markgrafen von Winhall und Schwetkönig Raidri Conchobair, den Magier Rohezal vom Amboss oder den heutigen Hochkönig der Zwerge, Albrax von Waldstein, in das Abenteuer führen. Für einige Spielrunden kann dies sicher enorm reizvoll sein. Leider zeigt sich jedoch nur allzu oft, dass Spieler so sehr an ihren eigenen Figuren hängen, dass sie diese nicht aufgeben wollen, um eine für das Abenteuer geeignetere Person zu spielen. So bleibt dieser Konflikt letztlich ungelöst.
Das Abenteuer nimmt seinen Anfang mit einer Einladung der Helden in die neue Residenz zu Gareth. Dort werden die Helden zu einem höfischen Fest geladen. Das Fest selbst steht nicht im Mittelpunkt dieses Abenteuers, deshalb ist ihm wohl auch nicht so viel Platz gewidmet. Statt umfangreicher Beschreibungen, konzentriert sich von Wieser auf einige Eckpunkte. Neben Dingen wie der Wahl der Kleider oder dem Auftreten von Emer und Brin widmet der Autor besonders der Eingangskontrolle fast eine dreiviertel Seite. Hier müssen die Helden nämlich delikaterweise ihre Waffen abgeben, so sie nicht von Stand sind. Man sollte meinen, dass Spieler solcher Helden genügend Feingefühl besitzen, um nicht mit der Hofmarschallin zu verhandeln, ihre Totschläger unrechtmäßig in den Ballsaal schmuggeln zu dürfen. Vermutlich hat der Autor jedoch leider nur allzu gut daran getan, gerade diesen Punkt so ausführlich zu behandeln.
Dann werden die Helden zu einer Sitzung des Geheimen Ordens vom Schwarzen Auge zu Punin geladen. Thema ist dort ein Artefakt, welches der Ring des Satinav geheißen wird und laut einer Inschrift für die größten Helden des Zeitalters bestimmt ist. Der Ring macht seinem Namen auch alle Ehre, und es dauert nicht lange, bis die Helden ihre Reise in die Vergangenheit antreten. "Wir rechnen Anno 590 seit dem Fall des vieltürmigen Bosparan" werden die Helden dort aufgeklärt.
Als kleiner Exkurs finden sich hier noch ein paar Anregungen, zu einer Expedition Meister Rakoriums, die den Ring des Satinav in der Maraskan-Kette entdeckte. Die Bergung des Artefaktes ist natürlich ein Abenteuer für sich und bietet vielleicht Anregung für ein weiteres Fan-Projekt. Nebenbei bemerkt ist es übrigens diese Expedition, die Ugurcan Yüce zu seinem Coverbild inspirierte. Mit dem eigentlichen Abenteuer hat die farbenfrohe Darstellung leider nichts zu tun.
Der Kern des Abenteuers lässt sich recht kurz darstellen. Die Helden erhalten den Auftrag, in die Schwarze Feste des Borbarad einzudringen, und dort die Macht eines magischen Artefaktes zu binden. Die dreißig Seiten umfassende Beschreibung der Schwarzen Feste lässt jedoch erkennen, dass hier weit mehr zu erwarten ist, als eine simple Kommandoaktion. Tatsächlich gerät die eigentliche Aufgabe während des Abenteuers schnell in den Hintergrund, gilt es doch die zahllosen Geheimnisse der Schwarzen Feste zu erforschen. Die Helden haben hier die Gelegenheit, sich buchstäblich in Borbarads Wohnzimmer breit zu machen. Das Abenteuer findet schließlich seinen Höhepunkt, als draußen in der Ebene die Armeen Borbarads Aufstellung beziehen, und wenig später Rohals Streitmacht aventurischer Helden eintrifft. Kurz bevor es zur Schlacht kommt, erreicht die Helden jedoch eine Botschaft aus der Zukunft. Sie müssen eine Entscheidung treffen, die über den Ausgang der Schlacht entscheiden kann.
Die folgende Beschreibung der Schlacht ist mehr auf die Konfrontation der beiden Brüder gerichtet, als auf das Aufeinandertreffen der beiden Heere. Immerhin wurde die Schlacht mit drei großzügigen Illustrationen bedacht. Zwei davon sind übrigens, wie auch viele andere Zeichnungen aus diesem Band, in Mark Wachholz' Trailer zur Neuauflage der Kampagne zu sehen. Mit Rohals Bannfluch werden auch die Helden zurück in die Gegenwart gerissen.
Es hätte wenig Sinn, hier näher auf die Beschreibungen der Schwarzen Feste eingehen zu wollen. Im Grunde genommen ist die Anlage nichts weiter als ein überdimensionierter Magierturm, in dem sich von der Badewanne bis zum untoten Laborassistenten alles befindet, was sich das Magierherz nur wünschen kann. Überraschend erscheint mir lediglich die Anwesenheit der sechs Dschinne, die Borbarads Haushalt führen. Eigentlich eine sehr interessante Idee, doch wird zu wenig daraus gemacht. Die Dschinne dürfen gegen Ende des Abenteuers noch mal als Gegner herhalten, aber ihre Rolle davor ist wenig dokumentiert.
Anstatt hier mit weiteren Details aus der Festung aufzuwarten, sollen hier noch einige Hintergründe beleuchtet werden.
Die Begründung für die Zeitreise der Helden fällt leider nicht sehr überzeugend aus. Der Beschwörer wäre weit besser davon gekommen, wenn er die Helden niemals eingeschaltet hätte. Wenngleich dieser kleine Fehler von vielen Spielern kaum bemerkt werden dürfte, so mag es doch ein Indiz dafür sein, worum es dem Autor in erster Linie ging. Im Zentrum des Abenteuers steht Borbarads Schwarze Feste. Folglich kommt das Ganze über weite Teile nur als Besichtigungstour der Anlage einher. Es ist wohl kaum vernünftig anzunehmen, dass der große Magier sein eigenes Heim mit lauter Fallen und anderen Widrigkeiten pflastert, aber dennoch gibt es hier wenig, was die Helden wirklich tun müssten. Umso bedeutender wird die Rolle der Helden dann im Finale. Schade nur, dass die Helden während der Erkundung der Feste praktisch keinerlei Erkenntnisse gewinnen können, die ihnen die Entscheidung erleichtern.
Die Nachlese gestaltet sich wiederum sehr kurz. Der Autor beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Vorschläge zu unterbreiten, wie sichergestellt werden kann, dass diese Gruppe auch tatsächlich die "mächtigste Gruppierung einzelner Sterblicher in diesem Zeitalter" bleiben kann. Warum dies so sein müsste, leuchtet mir jedoch nicht ein. Es ist weder aventurisch, noch für die innere Logik des Abenteuers notwendig, dass es niemals wieder eine Gruppe mit mehr Macht/Erfahrung geben dürfte. Sicher mag es plausibel sein, einen solchen Helden in den Ruhestand zu schicken, doch auch die Meisterpersonen, die für das Abenteuer vorgeschlagen werden, spielen allesamt noch eine wichtige Rolle in den folgenden Jahren. Solche Sätze wie: "Die Helden können also weitergespielt werden, nur die Stufen-Gesamt-Summe darf nie überschritten werden", hätte Hadmar von Wieser sich also auch sparen können. Diese Entscheidung kann er getrost jeder Spielrunde selbst überlassen. Böse Zungen könnten sonst glatt unterstellen, dass reine Eitelkeit hier Vater des Gedankens war: Was auch immer ihr macht, niemals sollt ihr etwas spielen, dass dieses tollste aller Abenteuer noch toppen könnte. Durch Abwesenheit glänzt hingegen ein Abschnitt darüber, was Helden und Spieler denn nun aus diesem Abenteuer für die Kampagne mitnehmen können.
Fazit:
Der Krieg der Magier sei der Prolog zur Kampagne um die Rückkehr Borbarads und die Sieben Gezeichneten, hieß es damals wie heute. Wäre die Kampagne ein Roman, so wäre dies wohl auch gut gelungen. Allein, als Abenteuer beschleichen mich Bedenken. Von einem solchen hätte ich erwartet, dass es auch mit den gleichen Helden gespielt werden kann, die die eigentliche 'Geschichte' erleben sollen. In seinem eigenen Entwurf ist Der Krieg der Magier jedoch so angelegt, dass dies wenig plausibel erscheint. Auch für die Kampagne hat das Abenteuer nur wenig zu bieten. Über Borbarad können die Helden nur indirekt etwas erfahren. Das hätte besser gelöst werden können. Statt dessen wird ohne Not das Mysterium der Schwarzen Feste zerstört. Die halbseitige Beschreibung der Schlacht bringt Spielern und Helden ebenfalls wenig, lediglich den schwarzen Drachen Xyxyx können sie in ihrer Zeit wiedertreffen. Immerhin erlaubt es die Schilderung von Rohals Bannfluch, den Helden zu verstehen, wie es Liscom Jahrhunderte später gelingen kann, seinen Meister zurück zu rufen.
Der Krieg der Magier ist im Grunde kein schlechtes Abenteuer, wenn man von einigen kleinen Detailfehlern absieht. Sicher lassen sich einige vergnügliche Stunden mit der Erkundung der Schwarzen Feste verbringen. Als Prolog zur Kampagne kann der Band jedoch nicht halten, was er verspricht. Wer genügend Zeit hat, ist für diesen Zweck mit Staub und Sterne (1991) sicher besser beraten. Leider wechselt der Band heutzutage kaum mehr den Besitzer.
Obwohl er gut geschrieben ist, bleibt die Story letztlich lahm, und als überdimensioniertes Dungeonabenteuer kann Der Krieg der Magier nicht über 7 Punkte hinaus kommen.