Rezension von Marc Völker (2010):
Nachdem den DSA-Fans geraume Zeit fast ausschließlich Kampagnen und Anthologien vorgesetzt wurden, erscheint mit Die Verdammten des Südmeers wieder ein Einzelabenteuer.
In Hôt-Atem werden die Helden für eine Strafaktion gegen ein Piratennest angeworben. Bei Durchführung der Aktion gelangen sie in Besitz einer Schatzkarte, der sie selbstverständlich nachgehen und den Schatz schließlich auch bergen können. Dabei laden die Helden jedoch unbeabsichtigt einen dämonischen Fluch auf sich, der bereits den Piraten zum Verhängnis wurde. Um den Fluch zu brechen, müssen sie die Nachfahren dreier Paktierer aufspüren und zur Kooperation überzeugen, bevor der Fluch sie tötet ...
Die Verdammten des Südmeers ist ein klassisches Piraten- und Entdeckerabenteuer. Betrachtet man sich die Handlung etwas genauer, drängt sich ein Vergleich mit Fluch der Karibik (2003) unweigerlich auf. Der Autor versucht hier erst gar nicht zu verbergen, dass die Geschichte in den Grundzügen adaptiert wurde. Insofern ist die Handlung des Abenteuers nicht wirklich innovativ. Dennoch (oder gerade deshalb) liefert der Autor ein spannendes Abenteuer, das Spieler und Spielleiter jede Menge Spielspaß verspricht.
Das Abenteuer eignet sich für alle Heldentypen, mit Ausnahme von Charakteren, die über zu festgefahrenen Moralvorstellungen oder Prinzipien verfügen, um sich in dem Sündenpfuhl des aventurischen Südens bewegen zu können. Insbesondere werden von dem Abenteuer alle Charaktere angesprochen, die sich selbst als Glücksritter, Entdecker oder Freigeister sehen. Exotische Charaktere sind aufgrund des vorherrschenden Völkergemisches ebenfalls kein Problem. Magische und/oder karmale Unterstützung vereinfacht das Abenteuer für die Helden (nicht unbedingt für den Spielleiter), ist jedoch nicht zwingend von Nöten.
Für eine Abenteuer des Piratengenre sind eine spitze Klinge ebenso Voraussetzung wie eine ebenso spitze Zunge. Darüber hinaus wäre es von großem Vorteil, wenn kein Held all zu große Abneigungen gegen das Meer hätte.
Die Handlung des Abenteuers wurde sehr offen und flexibel gestaltet. Gleich zu Beginn stellt der Autor klar, dass es sich bei dem beschriebenen Ablauf um einen idealen Abenteuerverlauf handelt. Grundsätzlich stellt es zu keinem Zeitpunkt ein Problem dar, wenn die Spieler vom vorgesehenen Weg abweichen. Da sich der Bezug zum aventurischen Hintergrund und zum Metaplot in engen Grenzen hält, kann der Spielleiter den Ablauf sowie die räumliche und zeitliche Verortung der Ereignisse relativ frei variieren. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Spieler bei so viel Freiheit nicht irgendwann verrennen ...
Zu diesem Zweck wird dem Spielleiter vom Autor reichlich Handwerkszeug zur Verfügung gestellt. Zunächst erhält er eine ausführliche Beschreibung der Meisterfiguren, die qualitätsmäßig den aus Regionalbeschreibungen und Quellenbänden bekannten Beschreibungen in nichts nachsteht. Ferner enthält das Abenteuer ein Regelpaket für den Seekampf, das auf Basis der Quellenbände Aventurisches Arsenal (2003) und Efferds Wogen (2007) sowie dem Abenteuer Klar zum Entern (2007) zusammengestellt wurde. Schließlich erhält der Spielleiter auch noch Musikvorschläge zur Unterstützung des Flairs, wobei die Vorschläge des Autors in Anbetracht der Thematik nicht wirklich überraschen. Außerdem gibt es diverse Handouts, die zwischenzeitlich übrigens auch durch Ulisses-Spiele zum Download angeboten werden.
Grundsätzlich wird neben dem jeweilig verwendeten Regelwerk kein weiteres Hintergrundmaterial benötigt, da das Abenteuer alle wichtigen Fakten und Informationen enthält. Wer sich darüber hinaus intensiver mit der Materie befassen will, ist mit In den Dschungeln Meridianas (2004), Efferds Wogen und gegebenenfalls auch noch Tractatus contra Daemones (2008) gut beraten.
Da sich die Berührungspunkte zum offiziellen Aventurien wie bereits erwähnt in engen Grenzen halten, war die Einbindung des Abenteuers in den Hintergrund unproblematisch und ist dementsprechend sauber gelöst worden.
Aufmachung:
Die Verdammten des Südmeers erscheint im Hardcoverformat. Das Cover zeigt offenbar ein verfluchtes- bzw. Geisterschiff. Das Layout ist extrem übersichtlich. Die Illustrationen sind qualitativ hochwertig und zudem sehr einheitlich, was dem Gesamtbild deutlich zu Gute kommt. Der Schreibstil ist sehr angenehm und liest sich flüssig.
Fazit:
Die Verdammten des Südmeers ist die Adaption eines bekannten und erfolgreichen Themas für DSA. Das Abenteuer ist nicht unbedingt innovativ, verspricht aber dafür viel Spannung und Spielspaß. Hinsichtlich der Ausarbeitung ist das Abenteuer beispielhaft, man merkt hier sehr deutlich, dass es sich um eine Auftragsarbeit nach klaren Vorgaben handelt. Sofern man keine Probleme damit hat, dass man im Abenteuer immer wieder unbewusst einen Auftritt von Jack Sparrow erwartet, kann hier bedenkenlos zugegriffen werden. Von mir erhält Die Verdammten des Südmeers 9 von 10 Punkten.