Rezension von Marc Völker (2008):
Masken der Macht setzt den Konflikt um die horasische Thronfolge fort, der in Hinter dem Thron (2006) begann. Als 'Königsmacher' entscheiden die Helden in fünf Abenteuern und diversen Szenarios mit über die Frage, wer zukünftig auf den Adlerthron sitzen wird.
In Das Sibur-Gambit sollen die Helden Dokumente wiederbeschaffen, die Timor gestohlen wurde. Außerdem gilt es eine Zeugin zu finden, die einige der Verschwörer identifizieren kann. In Sibur geraten die Helden bei ihren Nachforschungen zwischen die Fronten der „Republik Sibur“ und des Grafen Croenars. Unter Haien führt die Helden nach Mengbilla, wo ein Mitglied Mantikors Bereitschaft gezeigt hat, seine Mitverschwörer zu verraten. Als der mutmaßliche Informanten vor den Augen der Helden ermordet wird, beginnt eine mörderische Jagd nach einer Liste mit den Namen der Verschwörer. Im Kabinett der Kaiserin machen sich die Helden auf die Suche nach dem verschollenen Testament des Kaiserin. Dabei geraten sie mitten in eine Verschwörung, die die Machtübernahme im Horasreich zum Ziel hat. Als die Helden das Testament schließlich in ihren Händen halten, dürfen sie zum ersten Mal einen Blick hinter die Masken werfen. In Das Correira-Complott beschließt Timor, mit Manikor endgültig abzurechnen und der Verschwörung ein Ende zu setzen. Da Mantikor sein Engagement aufgrund der überraschend heimgekehrten Lamea-Expedition auf die Zyklopeninseln verlegt hat, folgen Timor und die Helden den Verschwörern nach Pailos. Dort müssen sie jedoch feststellen, dass Mantikor bereits Ereignisse in Gang gesetzt hat, die sich selbst durch den Tod der Verschwörer nicht aufhalten lassen. In Spiegelgefecht müssen die Helden den letzten Plan Mantikors vereiteln, wenn das Horasreich nicht im Chaos versinken soll. Dazu gilt es zunächst, einen Doppelgänger Timors zu beseitigen, um schließlich in den Wirren der entscheidenden Schlacht das Leben von Königin Aldare und deren Sohn zu bewahren.
Im Gegensatz zu Hinter dem Thron gelingt es den Autoren in Masken der Macht deutlich besser, die Handlung der einzelnen Abenteuern in den Hintergrund des Thornfolgekrieges zu integrieren. Die Spieler erhalten in dem Abenteuer das Gefühl, Teil der Ereignisse zu sein und diese auch maßgeblich beeinflussen zu können, wo Hinter dem Thron noch den Eindruck erweckt hat, der Thornfolgekrieg wäre nicht mehr als ein Schauplatz und die Helden hätten auf die Handlung keinerlei Einfluss. Die Helden können hier nun maßgeblich an der zukünftigen Machtverteilung im Horasreich mitwirken. Masken der Macht gelingt es auch hervorragend, den Hintergrund des zerfallenen Horasreiches einzufangen. Anarchie und Chaos sind beinahe greifbar. Die Texte sind äußerst anschaulich geschrieben und sehr flüssig zu lesen. Es gelingt den Autoren, den Leser (und dieser hoffentlich seinerseits die Spieler) mitzureißen.
Unabhängig davon, dass die Helden vor Masken der Macht möglichst schon die Abenteuer in Hinter dem Thron miterlebt haben sollten, sind fast alle Charaktere geeignet. Jedoch sei darauf hingewiesen, dass Politik, Heimlichkeit und viel Fingerspitzengefühl in diesem Abenteuer die Gebote der Stunde sind und allzu geradlinige Helden mit den Erfordernisse daher vermutlich eher weniger Freude haben dürften. Ebenso dürften es auffällige Exoten ungleich schwerer fallen, unentdeckt zu bleiben.
Leider haben es die Autoren versäumt, die wirklich großen Ereignisse in und um den horasischen Thronfolgekonflikt in der Kampagne zu behandeln. Die Handlung der Königsmacher-Kampagne spielt sich zum größten Teil im Hintergrund ab. Damit schaffen die Autoren einerseits einen interessanten Kontrast zu anderen Kampagnen. Anderseits fehlt der Kampagne dadurch im Vergleich zur Borbarad-Kampagne und zum Jahr des Feuers die Epik.
Bemerkenswert ist, dass in Masken der Macht die Ereignisse, die vor etwa sieben Jahren in Die unsichtbaren Herrscher, Zyklopenfeuer und Reise zum Horizont (alle aus dem Jahr 2000) ihren Anfang genommen haben, mit der Rückkehr der Prinzessin Lamea ihren vorläufigen Abschluss finden. Gleichzeitig werden bereits wieder neue Handlungsfäden ausgelegt. Blickt man auf die Ereignisse in der Zwischenzeit zurück, muss man zu dem Schluss kommen, dass FanPro durch seine stiefmütterliche Behandlung der Materie ein riesiges Potential für eine herausragende Kampagne verschenkt hat. Bleibt lediglich zu hoffen, dass Ulisses-Spiele dieses teilweise nach wie vor vorhandene Potential zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht nutzt und das Thema in überarbeiteter Form nochmals aufgreift.
Layout:
Masken der Macht ist in fünf Kapitel unterteilt, von denen jeweils eins einen Zeitraum von drei aventurischen Monaten behandelt. Jedes Kapitel enthält ein Abenteuer nebst diversen Zusatzinformationen (zum Beispiel die Chronologie der Ereignisse). Hinzu kommen noch ein oder mehrere Szenarios, die als Intermezzo zwischen den einzelnen Abenteuern dienen können. An die fünf Kapitel schließt noch ein Epilog an, der die Ereignisse nach dem Ende der Kampagne zumindest grob umreißt.
Für eine Großkampagne ist Masken der Macht ungewöhnlich wenig ausgearbeitet. Hier ist spielleiterseitig noch sehr viel Vorbereitung erforderlich. Mehr noch als in Hinter dem Thron fällt in Masken der Macht dabei das Fehlen einer aktuellen Regionalbeschreibung auf. Je tiefer die Ereignisse im Laufe der Abenteuer in den horasischen Hintergrund eingebunden werden, umso mehr vermisst man eine aktuelle Regionalbeschreibung. Eine Koordination der Erscheinungstermine von Masken der Macht und Reich des Horas (2009) wäre wünschenswert gewesen.
Die Szenarios sind im Verhältnis zu Hinter dem Thron deutlich besser auf Fähigkeiten und Belange einer Heldengruppe abgestimmt. Dennoch ist hier mehr noch, als bei den fünf Abenteuern, extrem viel Vorbereitungsaufwand erforderlich. Zum einen stellt sich hier die Frage, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, statt dessen die Abenteuer detaillierter auszuarbeiten. Zum Anderen werden in den Szenarios Themen behandelt, die selbst auch vollwertige Abenteuer abgegeben hätten. Das macht die gewählt Form der Darstellung gleich in doppelter Hinsicht unvorteilhaft.
Die Illustrationen von Masken der Macht sind sehr gut gelungen und geben das regionale Flair schön wieder. In Sachen Übersichtlichkeit lässt das Abenteuer etwas zu wünschen übrig: Unterteilungen und Abgrenzungen fallen teilweise recht dürftig und unscheinbar aus, so dass die Orientierung und insbesondere das Finden von Informationen etwas leidet.
Auch zu Masken der Macht wurde wieder eigens ein Soundtrack komponiert, der dem Spielleiter helfen soll, für ausgewählte Szenen eine passende Stimmung zu erzeugen. Im Abenteuer verweisen W20-Symbole mit der jeweiligen Nummer auf das für die Szene passende Musikstück im Soundtrack.
Fazit:
Nach dem meiner Meinung nach eher enttäuschenden Kampagnenstart Hinter dem Thron gibt Masken der Macht der Königsmacher-Kampagne nochmals eine vollkommen neue Richtung. Die Abenteuer sind wesentlich besser in die Ereignisse des horasichen Thronfolgekrieges eingewoben. Masken der Macht ist viel kampagnenlastiger als der Vorgänger. Leider ist die Ausarbeitung für eine Großkampagne ziemlich dürftig, und es ist schade, dass viele der der Ereignisse zu dem Thema aus dem Aventurischen Boten nicht in den Abenteuern miterlebt werden können.
Wer den hohen Vorbereitungsaufwand nicht scheut, kann hier dennoch zugreifen, denn viele Stunden Unterhaltung und Spielspaß sind garantiert. Von mir erhält Masken der Macht 8 von 10 Punkten.