Rezension von Krassling (2010):
Angesichts einer schier nicht enden wollenden Flut von Anthologien richtet der Rezensent den Blick nun schon in die Vergangenheit, um ein ausgewiesenes Einzelabenteuer zu finden. Spur in die Vergangenheit erschien im Jahr 1997 aus der Feder von Michael Johann, dessen Erstlingswerk interessanterweise fast 10 Jahre zuvor veröffentlicht wurde. Immer wieder wurde von diesem Werk kolportiert, dass es mit borbaradianischen Themen als Beiwerk zur Kampagne um die Sieben Gezeichneten geeignet sei. Wirklich Beachtung fand es jedoch kaum und, wer den Inhalt des Werkes studiert, wird bald feststellen, dass dieser Band weitaus weniger zur großen Kampagne beisteuern kann als Johanns Im Zeichen der Kröte (1988).
Der Handlungsrahmen des Abenteuers ist vergleichsweise übersichtlich. Die verschiedenen Setzungen sind selbst für die pubertäre Phase des Schwarzen Auges kurios zu nennen. Durch einen magischen Unfall aus der Zeit Borbarads gelangt eine Dämon (besser wäre es hier, von einem limbischen Phänomen zu sprechen) ins Diesseits des Jahres 26 Hal. Nachdem es eindrucksvoll eine Reihe von Meisterpersonen ausgeschaltet hat, zieht die wandelnde Katastrophe unter dem Schlachtruf "Gurondaii" Richtung Bethana. Da auf seinem Weg der Verwüstung auch einige Ortschaften liegen, beispielsweise das in anderem Zusammenhang noch bekannt gewordene Ruthor, liegt es an den Helden, genügend Schlagkraft zu versammeln, um das Ding aufzuhalten.
Tatsächlich gibt es im Band auch ein Kapitel mit der Überschrift Mobilmachung, in welchem die Helden allerlei kampfeslustige Gesellen versammeln, um dem Ding aus einer anderen Zeit entgegenzutreten. Damit es den Helden nicht zu einfach wird, lässt Johann eine wichtige Meisterperson mal eben verschwinden und streut so noch eine kleine Dungeon-Episode ein. Zum große Finale versammelt sich dann eine kleine Armee bei Sewamund, um das dämonische Unwesen heldenhaft niederzuringen. Auch wenn dieser Plot zunächst banal erscheinen will, so bleibt Spur in die Vergangenheit doch nicht frei von Widersprüchen.
Von seinem Spannungsverlauf und Aufbau ist Johanns Werk ganz klassisch aufgebaut. Die Einleitung führt die Helden bis zur Entdeckung des mysteriösen Unheils im horasischen Hinterland. Nach dem ersten tragischen Verlust gehen wir zum gestreckten und inhaltlich wie dramatisch wenig dichten Teil der Mobilmachung über. In diesem Abschnitt sind hauptsächlich Reisen und natürlich die Gespräche zur Mobilmachung gefragt. Insgesamt siecht die Spannung während dieses Verwaltungsaktes jedoch dahin. Kurz vor der Rückkehr an den Ort des Geschehens verschwindet jedoch der Magier Torovn Gilindor, der zusammen mit dem Dämon erschien und als entscheidend für die Bekämpfung der Bedrohung gilt. Das Retardierende Moment führt die Helden zu einem kleinen Dungeon, wo sie mit Verrat und borbaradianischen Umtrieben konfrontiert werden. Danach geht es jedoch ohne große Umschweife in die finale Endschlacht, die mit der Vernichtung der Bedrohung durch die vereinten Kräfte der Verteidiger endet.
Soweit erscheint das Ganze noch recht schlüssig und auch durchaus gelungen. Leider wirken die Setzungen des Autoren bisweilen etwas merkwürdig und scheinen sich nicht schlüssig in Handlungslogik und Hintergrundkonsistenz einzufügen. Allein der ultimative Feind in Form des alles niederwalzenden, unaufhaltsamen Gurondaii ist in seiner magietheoretischen Erklärung so haarsträubend, dass manch ein Meister den Band wohl kopfschüttelnd zur Seite gelegt hat. Den Einstieg in das Abenteuer gestaltet Johann über den renommierten Analysemagier ya Scarpiont, eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Auch wenn die Darstellung des adeligen Magiers und seiner Scholarin durchaus den gängigen Setzungen des Hintergrundes entspricht, dürfte es für die typische antiautoritäre, demokratische und leicht anarchistische Heldengruppe schwierig werden, den ersten Teil des Abenteuers zu überstehen.
Neben dem nicht immer ganz schlüssigen Handeln der Meisterpersonen besteht der vermutlich größte Schwachpunkt des Abenteuers darin, dass die Helden vernünftigerweise zu dem Schluss kommen könnten, dass ein wandelnder Sphärenriss nicht durch Schwerter und Katapulte zu besiegen ist. In diesem Fall wird das Abenteuer über weite Teile einen deutlich anderen Verlauf nehmen. Für den Endkampf mit dem Unheilvollen wird ein eigener Spielmechanismus angeboten, der bei Spielrunden mit streng simulationistischem Ansatz sicher auf Interesse, wenngleich nicht unbedingt Akzeptanz stoßen wird. Die Grenzen des Erträglichen werden überschritten, als ein junger Rondra-Geweihter sich mit dem Ruf "Rondra sei gepriesen, ich habe die Kraft!" auf das Ungeheuer stürzt, um den Heldentod zu sterben. Schließlich wird es den Helden hoffentlich gelingen, Gurondaii zu bannen. Dass dies mit Hilfe eines borbaradianischen Zauberbuches gelingt, welches den Helden eher zufällig in die Hände fällt, zeugt nicht unbedingt von einer gelungenen Planung des Abenteuers.
Fazit:
Spur in die Vergangenheit ist eines jener Abenteuer, über das heute so manch einer gerne den Mantel des Vergessens breiten würde. Die borbaradianischen Elemente machen eine Anschaffung jedenfalls nicht lohnenswert. Einige der Hintergründe lassen sich nur schwer mit heutigen Setzungen vereinbaren. Wer unbedingt einmal ein großes Heer aufmarschieren lassen will, ohne sich vom Metaplot zu entfernen, der kann hier eventuell fündig werden. Immerhin hat das Abenteuer dennoch seine Spuren auf dem Kontinent hinterlassen. Die Spur der Verwüstung, welche das Abenteuer im Horasreich hinterlässt, wird später als Dämonenstieg in der Anthologie Preis der Macht (2002) wieder aufgegriffen. In Punkten ausgedrückt ergibt dies mäßige 4 von zehn Punkten.