Fluch vergangner Zeiten/Rezension

aus Wiki Aventurica, dem DSA-Fanprojekt
Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Die Miniaturansicht konnte nicht am vorgesehenen Ort gespeichert werden Dieser Artikel enthält Meisterinformationen zu: Fluch vergangner Zeiten/Rezension Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Die Miniaturansicht konnte nicht am vorgesehenen Ort gespeichert werden

Rezension von Krassling (2006):

Mit den Abenteuerwettbewerben gelangte ein Element in die Szene, dass zuvor nur äußerst verhalten zu finden war. Die Wettbewerbe mit mehr oder weniger strengen Themenvorgaben und einheitlichen Bewertungen aller Beiträge, machten zum ersten Mal größere Zahlen hochwertiger Fanabenteuer verfügbar, die sich angenehm von den bislang kursierenden Download-Produkten unterschiedlichster Qualität abhoben. Von FanPro selbst war dabei der Goldene Becher ins Leben gerufen worden, dessen Sieger alljährlich auf dem Hannover Spielt! gekürt werden. Es ist kein Geheimnis, dass der Wettbewerb dazu dienen soll, potentielle neue Autoren zu finden und so winkte den Siegern schon zu Beginn die Aussicht auf eine Veröffentlichung durch den Verlag FanPro.

Der Fluch Vergangener Zeiten macht dies Versprechen nun wahr und fasst die Sieger der Jahre 2001 und 2002 in einem Band zusammen. Auf den ersten Blick fällt auf, dass das durchaus ansprechende Cover auf farbliche Akzente verzichtet und sich auf ein neues Design beschränkt, dass man etwas böswillig als "schlammfarben" charakterisieren könnte. Viele Freunde des Schwarzen Auges werden es begrüßen, dass das neben dem Coverbild auch die Innenillustrationen ausnahmslos von Caryad angefertigt wurden. Die Seitenbegrenzung der Wettbewerbe macht sich natürlich auch hier bemerkbar. Die 42 Seiten schlagen mit 10 Euro zu Buche, so dass man hier allemal von einem günstigen Angebot sprechen kann. Trotzdem lässt die Zahl von gerade mal 20 Seiten pro Abenteuer bereits ahnen, dass wir uns hier auf deutlich verschlankte Inhalte gefasst machen müssen.

Ein stimmungsvolles Cover führt den Leser gleich auf den ersten Seiten in die besondere Atmosphäre An den Quellen des Harotrud von Stephanie von Ribbeck ein. Dargestellt sind zwei Löwen die ihren Blick über die Savanne schweifen lassen. Kaum einer wird sich dabei dem diffusen Gefühl von Mystik und Abenteuer entziehen können. Dieses erste Bild vermittelt bereits auf eindrucksvolle Weise das Grundthema des Abenteuers und seinen unzweifelhaften Anleihen an den Film Der Geist und die Dunkelheit, der seinerseits wiederum auf Tatsachen beruht. In Kuslik werden die Helden für eine Expedition ins Niemandsland der Wildnis jenseits von Drôl angeworben. Es gilt das Schicksal eines verschollenen Geweihten zu untersuchen. Gekonnt werden dabei die Klischees des reichen Snobs ausgenutzt, der ein paar Männer fürs Grobe braucht, damit er sich bei seinem 'Abenteuer' nicht die Hände schmutzig machen muss.

Auf wenigen Seiten gelingt es der Autorin, die Reise bis zu den Quellflüssen des Harotrud ausgesprochen farbig zu schildern. Bis dahin werden die Helden wohl schon einige Male ins Schwitzen geraten sein, auch wenn die Gefahren sich eher in Grenzen halten. Dann gabelt sich der Fluss jedoch in seine zwei Quellflüsse und die Expedition muss sich aufteilen. Bevor die Helden das Geheimnis um Bruder Borgard lüften und ihn von seinem Schicksal erlösen können, müssen sie jedoch noch eine Begegnung mit alanfanischen Grenzsoldaten überstehen. Auch wenn diese Szene die Wirren einer umkämpften Grenzregion veranschaulichen mag ist sie mir doch etwas übel aufgestoßen. Zum einen leuchtet mir die dramaturgische Vorgehensweise nicht ganz ein, zum anderen bin ich der Meinung, dass IGNISPHAERO-Artefakte nicht in die Hände einfacher Soldaten in irgendeinem gottlosen Grenzgebiet gehören.

In den Bergen stoßen die Helden dann auf die Löwen und das schrecklich Schicksal Borgards. Auch hier können die Szenen aufgrund des Platzmangels nur angerissen werden. Ein wenig unglücklich ist der Umstand, dass die Helden dem Ort zunächst den Rücken kehren und eine beträchtliche Wegstrecke zurück in die Zivilisation in Kauf nehmen müssen. Erst danach können sie zurück kehren und dem Spuk ein Ende bereiten.

Insgesamt erzeugt An den Quellen des Harotrud bei mir gemischte Gefühle. Das Potential ist sehr deutlich zu erkennen, und gerade im ersten Teil zeigt die Autorin, dass sie Atmosphäre auch auf engstem Raum erzeugen kann. Der spätere Verlauf beschränkt sich jedoch immer mehr nur auf Andeutungen, die das herrliche Wirrwarr der Religionen und Kulturen nicht mehr so recht illustrieren können. Gleichzeitig werden Plot und Dramaturgie derart kastriert, dass kaum noch etwas übrig bleibt. Dies finde ich persönlich äußerst schade. Die Autorin hätte sicher noch deutlich mehr aus diesem Abenteuer machen können, den strengen Platzbegrenzungen fallen jedoch viele Teile zum Opfer, die engagierte Meister nun selbst nachtragen müssen. So fehlt zum Beispiel eine Einbindung der Waldmenschen, die immerhin eine wesentliche Rolle in der Vorgeschichte spielen.

Ganz anders ergeht es unseren Helden im zweiten Abenteuer Der Reigen der fünf Schwestern. In diesem eher märchenhaft anmutenden Abenteuer müssen die Helden sich dem namensgebenden Fluch vergangener Zeiten entgegen stellen. Saša Stanišic führt unsere Helden in ein kleines Dorf "irgendwo in Mittelaventurien". Dort scheinen die Helden zunächst in ein paar simple Streitigkeiten und edlen Nachbarn hineingezogen zu werden. Je weiter die Ermittlungen in diesem kleinen Detektivplot jedoch voranschreiten, desto mysteriöser wird die Sache. Ein uralter Fluch scheint auf der Familie des Barons zu liegen. Und so wie es aussieht vollzieht sich das Unheil gerade ein weiteres Mal. Die Helden stehen unter Zeitdruck und an Verdächtigen mangelt es nicht.

Für das Finale schickt Stanišic die Helden an einen abgelegenen Ritualplatz im Wald, an dem die unheimliche Atmosphäre schon fast von alleine aufkommt. Besonders begrüßenswert ist hier, dass unblutige Lösungen am besten fruchten und das Abenteuer so einen Abschluss findet, der sich mit der bisherigen Stimmung im kleinen Ort deckt.

Auch wenn das Abenteuer den Meister ob seiner offenen Struktur von einige Herausforderungen stellt, so gelingt es dem Autor doch sehr gut, alles Wesentliche auf den wenigen Seiten unterzubringen. Der Meister wird hier gewiss etwas mehr Vorbereitung brauchen, als die knapp 20 Seiten vermuten lassen, aber danach dürfte er auch alle aufkommenden Fragen in den Griff bekommen. So bleibt Der Reigen der fünf Schwestern ein gelungener Ausflug ins märchenhafte Aventurien und wird vor allem denjenigen angenehm in Erinnerung bleiben, denen Action und rondrianische Künste nicht ganz so nahe liegen.

Fazit:
Fluch vergangener Zeiten umfasst zwei interessante Szenarien, die mit Recht für die gut entwickelte Autorenschaft des Fandoms des Schwarzen Auges stehen. Dennoch offenbart der Band auch schonungslos die Schwächen, die das Konzept der Wettbewerbsanthologien mit sich bringt. Die extremen Platzbeschränkungen machen sich hier bemerkbar. Der lineare Plot des ersten Abenteuers hat damit naturgemäß mehr Probleme als die offen angelegte Detektivgeschichte des zweiten Szenarios. Zwar leuchtet mir die Anreizwirkung einer solchen Veröffentlichung ein, doch finde ich es überaus bedauerlich, dass den Autoren nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihre zusammengekürzten Geschichten auf eine ansprechendere Form auszubauen. Stephanie von Ribbecks Abenteuer hätte eine solche Überarbeitung jedenfalls allemal gut getan, in der jetzigen Form werden einfach zu viele Möglichkeiten verschenkt.

Positiv schlägt natürlich in jedem Fall der geringe Preis zu Buche. Bei zehn Euro für 40 Seiten Abenteuer müsste eigentlich auch der letzte Kritiker verstummen. Irgendwie erscheint mir jedoch auch dies nicht schlüssig. Geringe Preise sollten eigentlich junge Kunden ansprechen, die neu zum Schwarzen Auge hinzu gestoßen sind und meist über geringere finanzielle Mittel verfügen. Gerade für diese ist der Band jedoch keinesfalls geeignet. Sie werden sowohl mit den Anforderungen an den Meister überfordert sein, als auch die Entfernung zwischen den Schauplätzen der beiden Abenteuer bemängeln. Vor diesem Hintergrund muss die Frage erlaubt sein, ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, die Gewinner der Abenteuerwettbewerbe angemessen zu würdigen. Vielleicht würde dies ja dann auch anderen Schreibern als nur den Teilnehmern des Goldenen Bechers zugute kommen.