Rezension von Narrania (2013):
- Inhalt
Der dritte Teil der Reihe Die Türme von Taladur bringt wieder neben den bereits bekannten Familias und deren Geschichte neue Figuren ins Spiel der Türme. Wir werden mit einem der Drahtzieher der Schicksale der Stadt bekannt gemacht, Dom Cavazaro, ein „väterliches“ Oberhaupt seiner Familia, der es liebt, im Hintergrund zu bleiben. Wir lernen einen begabten und fleißigen Zauberschüler kennen, der aus der unteren Schicht Taladurs kommt und seinen Platz in der Zauberschule durch einen relativ harmlosen Streich verloren hat. Und für viele bestimmt freudig erwartet, die Zwerge kommen nach Taladur und erhalten mit Tagrasch eine Hauptrolle.
Die Handlungsstränge aus den anderen Büchern werden fortgesetzt. Jazemina ist weiter auf der Suche nach Boromeo und Erresto ermittelt weiter, um den Tod Giuliana Tandoris aufzuklären. Außerdem geht es um die Besetzung des im Erzernen Rat frei gewordenen Platzes.
- Meine Meinung
Schon der Einstieg mit dem Zitat des Mirhamionettenspielers überraschte mich und weckte Neugier auf diesen Band. Nach einem fulminanten Auftakt kam dann auch eine Szene, die sowohl wörtlich als auch in meinem Kopf einen Vorhang öffnete mit einer neuen, großartigen Sicht auf Taladur. Damit bekam der Titel des Bandes eine weitere Dimension und die Frage stand neu gestellt, wer wirklich die Fäden in dieser Stadt zieht.
Die Erzählweise dieses Autors bringt sehr viel Leben in die handelnden Personen. Es fällt schwer, jemanden nicht zu mögen, da jeder in irgendeiner Weise sympathisch erscheint. Das erinnert mich an den Meister einer Spielrunde, der seine Figuren liebevoll führt und auf sie achtet. Also auch der Autor wirkt hier wie ein Marionettenspieler (um das einfachere Wort aus der realen Welt zu gebrauchen). Taladur selbst erstand bei mir in den Beschreibungen dieses Bandes in seiner Vielfalt von engen Gassen und verschiedensten Türmen auf eine neue sehr nachvollziehbare Art. Dies ging bis dahin, dass der Gebrauch einiger Stilmittel eine Verbindung zu Aventurien schafft, die neugierig macht auf dieses Abenteuerland, welches ich noch nicht kenne. Es mindert aber an keiner Stelle den Spaß am Lesen.
Die handelndes Personen sind differenziert und ihre Handlungen authentisch dargestellt.
Manchmal waren sie zu vorhersehbar für mich. Ein wenig fehlte mir Doloresa, die in diesem Band leider kaum vorkommt.
Zwei Geschichten bestimmen diesen Band. Das ist zum einen die Geschichte um Dom Cavazaro, (der für mich von Anfang an eine Erinnerung an den „Paten“ war) und zum anderen die Ermittlungen Errestos. Beides sind eigentlich sehr moderne Geschichten und hier lag eine große Schwierigkeit, diese in die Fantasywelt zu übertragen, ohne Widersprüche zu erzeugen. Bei dem Dom ist es vermutlich nicht so schwierig gewesen, denn die Familienvorstände haben schon alle etwas Mafiamäßiges in sich. Ich denke, es war wichtig, trotzdem noch einmal eine Abstufung in der Handlungsweise zu zeigen und dies hat der Autor meiner Meinung nach sehr gut erreicht.
Eine Ermittlung eines Kriminalfalls ohne moderne Hilfsmethoden zu beschreiben, dürfte noch schwieriger gewesen sein. Hier gibt es keine Spurensicherung und keine Pathologen, keine fotographische Dokumentation des Tatortes und ähnliche Möglichkeiten. Da muss man sich als Autor schon etwas einfallen lassen, damit der Ermittler vorwärts kommt. Es ist überhaupt für mich sehr interessant gewesen, wie ein Garde-Capitan zum Kriminalisten wird, wie er es schafft, seine Untersuchungen glaubhaft zu machen und sich in der Stadt gegen die Intrigen zu behaupten. Ich hoffe sehr, dass wir noch mehr über die Hintergründe seiner so intensiven Suche und seiner unparteiischen Haltung erfahren werden. Wie hat man einen solchen Mann in Taladur gefunden? Welche Rolle spielt seine Familie dabei? Auch hier taucht im Hintergrund eine Marionettenspielerin auf, deren Rolle mir sehr gut gefallen hat. Sie erscheint nicht im Glossar, ich hoffe, dies ist kein Zeichen für ihre Bedeutung in den weiteren Bänden.
Nachdem leider im zweiten Band dem Magier keine spannende Rolle zugestanden wurde, haben wir nun einen Zauberschüler, dessen Entwicklung hoffentlich noch eine Rolle spielen wird, denn was sollte eine Fantasywelt ohne Magie anfangen?
Dieser Band der Taladur-Reihe hat mir sehr gut gefallen. Der Autor ist ein großer Erzähler und ich habe mir fest vorgenommen, die bereits erschienenen Bände aus der DSA-Reihe, bei denen er mitgeschrieben hat, zu lesen. Was ich aber noch besser finde, er hat den letzten Anstoß dazu gegeben, DSA zu spielen. Bisher empfand ich Aventurien nur als dunkel und grausam, hier macht es auf einmal Spaß, das Land zu erkunden und wenn ich könnte, würde ich ein Mirhamionettenspieler werden.